Am Montag Abend war ich im Kino und habe mir “Zero Dark Thirty” angesehen. In dem Film geht es um die Suche der Amerikaner nach Osama bin Laden bis hin zu seiner Tötung. Im Mittelpunkt steht die CIA-Analytikerin Maya, die 2003 nach Pakistan kommt und von da an eine Besessenheit entwickelt, bin Laden aufzuspüren. Besonders zu Beginn werden Szenen gezeigt, in denen die Amerikaner ihre Gefangenen foltern, um Informationen über hochrangige al-Qaida-Mitglieder zu erhalten. Dazwischen werden al-Qaida-Anschläge gezeigt, z.B. der Terroranschlag am 7. Juli 2005 auf einen Bus in London. Maya verliert ihre einzige Freundin bei einem Bombenattentat auf ein Camp der Amerikaner in Pakistan. Obama wird gezeigt, als er erklärt, dass die Amerikaner nicht foltern.
Schließlich verdichten sich aber die Hinweise auf Abu Ahmed, einen der wichtigsten Kuriere al-Qaidas. Maya ist die ganze Zeit davon überzeugt, dass sie bin Laden finden werden, wenn sie den Kurier aufspüren. Ihre Suche dauert bis etwa Anfang 2011, als Abu Ahmed in der pakistanischen Stadt Abbottabad entdeckt und ständig beschattet wird. Schließlich wird am 2. Mai 2011 um 0:30 Uhr sein Haus gestürmt, wobei auch Osame bin Laden getötet wird.
“Zero Dark Thirty” ist normalerweise kein Film, den ich alleine gucken würde, ich habe mir häufig die starke Schulter vom Lieblingsmenschen gewünscht, aber trotzdem die ganze Zeit tapfer auf die Leinwand geguckt. Die Foltermethoden fand ich grausam, denke aber, dass der Film mit Waterboarding (= simuliertes Ertrinken) noch eine harmlosere gezeigt hat. Sehr viele Stellen haben mich sehr erschüttert, nicht nur die Folterszenen, sondern auch die Terrorattentate und auch die permanenten gegenseitigen Verfolgungen beider Seiten.
Was ich gut fand, war, dass der Film keine Seite als die gute oder richtige präsentiert. Obwohl der Film von Amerikanern gedreht wurde, stellt er sie nicht als fehlerlos dar. Auch die Hauptfigur Maya wird von verschiedenen Seiten beleuchtet: sie ist besessen von ihrer Jagd, hat keine Freunde, ist hochintelligent und konzentriert, kann grausam verhören, ist zielstrebig … am Ende erscheint sie jedoch wie eine Verliererin, als sie nach bin Ladens Tod ausgeflogen wird und ganz einsam und verloren ausschaut. Ich finde die Filmdarstellung sehr neutral, soweit eine historische Darstellung eben neutral sein kann, aber keine Seite wird mit Sympathie bedacht. Der Zuschauer muss sich selbst viele Gedanken machen. Genau das macht den Film auch schwierig. Ich hätte hinterher gern jemanden zum Reden gehabt, weil ich sehr aufgewühlt war.
Ich finde den Film auf jeden Fall empfehlenswert, zumal er ein sehr wichtiges Stück Weltgeschichte der letzten zwölf Jahre zeigt. Obwohl das Ende schon vorher klar ist, bleibt der Film zweieinhalb Stunden lang immer spannend.
Am Dienstag bin ich dann zum Ground Zero gefahren, schon weil mich das Thema 9/11 sehr beschäftigt hat. Das Gelände habe ich gar nicht so einfach gefunden, weil der Bau des neuen World Trade Centers eine riesige Baustelle ist und das Mahnmal befindet sich inmitten dieser. Was ich nicht wusste, war, dass man für das Mahnmal ein kostenloses Ticket braucht, das man am besten vorher online bestellt und ausdruckt. Da zur Zeit nicht so viel Andrang ist, habe ich am Eingang ein “Restbeständeticket” erhalten. Um zum Mahnmal zu gelangen muss man durch eine große Sicherheitskontrolle, das Ticket wird drei- oder viermal kontrolliert.
Schließlich war ich am World Trade Center Memorial, das noch nicht ganz fertig ist. Das Gebäude für das Museum wird noch ausgebaut. Draußen gibt es zwei riesige Wasserbecken, die sich jeweils auf den Grundrissen der ehemaligen Twintowers befinden. Auf den Rändern der Becken sind die Namen aller rund 3.000 Opfer eingraviert, das Wasser fließt von den Seiten herab bis in die Beckenmitte und verschwindet in einem tiefen schwarzen Loch.
Ich fand diese Gedenkstätte sehr bewegend. Im derzeitigen Besucherzentrum werden auch Videos gezeigt, in denen Überlebende und Hinterbliebene über ihre Erfahrungen und ihren Schmerz sprechen. Da kamen mir die Tränen hoch.
Schön hingegen finde ich, dass auf dem Gelände viele Bäume gepflanzt wurden und im Besucherzentrum ihre Bedeutung erklärt wird, z.b. Eichen, die sehr alt werden, oder ein Chinesischer Birnbaum, der die Anschläge überlebt hat, gepflegt und schließlich wieder am Ground Zero eingepflanzt wurde.
Für mich war der Besuch des Ground Zero nach dem Film noch wichtiger, um den Toten zu gedenken und mir noch einmal die Ausmaße der Anschläge bewusst zu machen.
Ein wenig optimistisch um die Gedenkstätte herum sind die Baustellen des neuen World Trad Centers, dessen Tower 1, oder auch: One World Trad Center, schon sehr hoch herausragt. Er wird nach seiner Fertigstellung Ende 2013 mit 541,3 m das höchste Gebäude New Yorks sein.
© janavar
Für uns in Europa ist der Ground Zero ja ziemlich weit weg und nach ein paar Wochen war man damals wieder mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Ich glaube, wenn man nicht dort gewesen ist, begreift man da Ausmaß der Wunde, die dieses Attentat bei dem Amerikanern hinterlassen hat, gar nicht. Dein Bericht hat mich sehr berührt.
In meinem Umfeld gibt es immer mehr Tendenzen, dass das ganze eine Verschwörung der CIA war. Wie wird das in den USA rezepiert?
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, ich hatte aber das Gefühl, dass nur die zu diesem Film ins Kino gegangen sind, die sich für Politik interessieren.