Okay, das war gelogen. Es waren zwei Rosensträuße. Aber von demselben Mann. Von dem ich absolut Nichts will und dem ich aus meiner (deutscher) Sicht auch niemals Hoffnungen gemacht habe. Das ist die Wahrheit.
Also bekam ich zum Geburtstag von diesem Mann zwei Blumensträuße, einen mit roten, einen mit weißen Rosen, was mich übrigens total überforderte. Wer rechnet denn nach ungezählten blumenlosen Jahren gleich mit zwei Rosensträußen? Und ich besitze nur eine Vase, genau genommen einen grünen Krug, den ich irgendwann mal auf einem Flohmarkt gekauft habe. Aber diesen Krug konnte ich auf die Schnelle auch nicht am Freitagabend finden, als alle zu meiner kleinen Geburtstagsparty kamen. Also stellte ich die Rosen in eine kleine Plasteschüssel und alles zusammen ins Küchenwaschbecken. Selbst die Schüssel ist nicht meine, sondern gehört meiner Freundin D., die mir zu Feier eine frischgebackene Portion Börek mitbrachte. Mit den Blumen kamen übrigens auch noch drei einfache türkische Bücher und ich stammelte verlegen danke – und genehmigte mir einige Gläschen Sekt, Havanna-Cola und Haselnusswodka, denn Verdrängung ist ja schließlich alles. Zum Glück hatte ich mir aufgrund eines Ideenmangels Alkohol gewünscht, was mir meine Gäste gerne erfüllten.
Am nächsten Tag entdeckte ich wieder die Rosen im Waschbecken und dachte mir, ich sollte sie vielleicht ein wenig besser pflegen. Aber dann gingen meine Freundin A., die aus Deutschland zu Besuch war, und ich auf Touristentour und im Großen Basar gibt es nur äußerst scheußliche, weil kitschige Vasen. Auch am Sonntag löste sich das Problem nicht, da mein Lieblingsglaswarenladen, Paşabahçe, auf der Istiklal gerade wegen Umbau geschlossen ist. Aber Montag früh raffte ich mich endlich auf und befreite die Blumen aus ihrem Papier, kürzte die roten mit einer Schere und stellte sie in den grünen Krug. Die weißen blieben in der Schüssel im Waschbecken. Ich nehme an, mein Umgang mit den Sträußen zeigt, wie viel mir an dem Schenker liegt. Und ja, es tut mir ja auch irgendwie leid, aber ich kann es nicht ändern.
Immerhin entschied ich mich, das Vasenproblem endgültig in den Griff zu bekommen und fuhr heute nach der Arbeit direkt zu Ikea, um erstmal eine lange Mittagspause im Restaurant einzulegen – mit Kaffee, Rindersteak und Zeitung. Dann spazierte ich durch den Verkaufsbereich. Außer einer Vase standen Knipser zum Aufhängen meiner Vorhänge und eine Liegestuhlauflage auf meinem Zettel. Aber dann gab es so viele schöne Sonderangebote und ich liebe so vieles schönes Shoppen und die vielen schönen Dinge und schwupsdiwups waren im Einkaufskorb Bettwäsche, Blumen, Badmatten, sogar eine Vase und dann das Highlight: ein Teppich für mein riesiges Wohnzimmer. Seit fast einem Jahr suche ich einen schönen Teppich zu einem angemessenen Preis, heute war er da. Natürlich auch im Sonderangebot. Und dann zeigte die Kasse doch fast 600 Lira an, aber der Umrechnungskurs steht gut, lang lebe die türkische Inflation! und glücklich packte ich die Sachen ein. Die große Menge führte dazu, dass ich mir ein Taxi nehmen musste. Während meine vier riesigen Plastetüten gut hineinpassten, gab es beim Teppich Probleme. Aber auch da haben türkische Taxifahrer die optimale Lösung: der Kofferraum wird mit Hilfe eines Spanngurtes so weit wie möglich geschlossen. Was tatsächlich funktioniert hat. Und alle Dinge sind heil angekommen. So dass ich heute Nachmittag auch die weißen Rosen kürzen und in die neue Vase stellen konnte. Aber ob sie noch aufblühen, bleibt abzuwarten.
Zumindest ist mein schlechtes Gewissen gesunken, seitdem alle Schnittblumen ordentlich in Vasen stehen. Und beim Auspacken aller Neukäufe nahm auch die Verdrängung wieder zu – Rosen, na und?! – und auch die Freude über den Teppich, denn nun sieht meine Wohnung richtig schön aus, so wie seit fast einem Jahr geplant.
Und wenn ich doch mal über Männer nachdenken will, dann vielleicht noch über diese Spezies der letzten Woche: der Eine, der nicht einmal eine personalisierte Glückwunschform, sondern seinen Standardsatz auf Facebook, sogar ohne direkte Anrede, wählte. Hoffen wir mal, dass mein neues Lebensjahr kein Copy-Paste wird. Oder der Neue, der zufällig auf meine Party mitkam und mir irgendwann erzählte: “Du bist wie meine älteste Kindergartenfreundin. Die hat auch mit dem gesamten Kollegium geschlafen.” Äh ja, wie er darauf kam? Keine Ahnung. Vielleicht war mein shocking-pinkes Kleid zu eng. Aber über den Wahnsinn kann ich ja auch fast schon lachen …
© janavar
(erstmals veröffentlicht am 31. Mai 2011)