Ja, manchmal reichen eineinhalb Stunden aus, um das Zentrum einer Großstadt wie Adana zu besichtigen. Beziehungsweise: ich hatte einfach nicht mehr Zeit, weil ich aus Kozan kam [lies hier] und bald zum Flughafen musste. Auch in der Zweimillionenstadt, die damit die fünftgrößte Stadt der Türkei ist, klappt das mit den Wegweisern wieder nicht so richtig, aber zum Glück hat mein ansonsten wenig ausgeprägter Orientierungssinn hier Wunder vollbracht und mich an der richtigen Stelle im Zentrum parken lassen.
Bis dahin war Adana mir vor allem als Industriestadt bekannt, die zwar dicht bevölkert, aber nicht so beliebt sei, eben weil sie auch voll von stinkenden Fabriken sei. Ja, die Stadt war groß und voller Menschen, sie war auch grau, was aber genauso gut an der Dämmerung gelegen haben könnte, jedoch konnte ich im Zentrum keine Fabriken sehen. Stattdessen fand ich dort das obligatorische Atatürk-Denkmal und einige alte Moscheen.
Es gibt auch einige Museen, für die ich leider keine Zeit hatte, obwohl sie bestimmt interessant sind, da Adana auf eine über 3600 Jahre lange Geschichte zurückblickt und dabei u.a. zu den Hethitern, den Persern, Alexander dem Großen, den Römern, den Sassaniden, den armenischen Rubeniden, den Turkmenen und schließlich den Osmanen gehörte. Stattdessen nutzte ich meine Chance und aß Adana Kebap in Adana – auf Spießen gegrilltes, scharf gewürztes Hackfleisch auf Fladenbrot mit Zwiebeln, Salat, Petersilie, Rettich, Peperoni und gegrillten Tomaten – und ja, es schmeckt wirklich noch viel besser als in Istanbul.
Nach dem Essen streifte ich weiter durch die Straßen und fühlte mich wie die einzige Touristin, die natürlich auch deutlich auffiel mit der Kamera in der einen und dem Lonely Planet in der anderen Hand. Mal ganz abgesehen davon, dass die Adaner zum Großteil noch Wintersachen trugen, ich aber nur eine dünne Strickjacke über einem T-Shirt anhatte. Aber wie gesagt, Adana hat nicht den Ruf, eine Touristenstadt zu sein, weshalb sich wohl nicht so viele Fremde dorthin verirren.
Als es dunkel wurde, erreichte ich mein letztes Ziel, die berühmte Sabancı Merkez Cami, die 1998 eingeweiht wurde. Mit ihrer Kapazität für 28.500 Gläubige ist sie die größte Moschee der Türkei, sie hat sechs Minarette, von denen zwei 75 und vier 99 Meter hoch sind. Die Moschee ist gerade im Dunkeln unglaublich beeindruckend. Um sie herum ist ein Park, der bis zum Fluss führt und alles ist duster, bis auf das hell erleuchtete Gotteshaus, dessen goldene Inschriften leuchten.
Um die Moschee herum gab es viele Bettler, v.a. syrische Flüchtlinge, nur wenige Leute gingen im Park spazieren, weshalb ich mich auch eher im Licht der Moschee aufgehalten habe – so ganz alleine im Dunkeln finde ich es doch ein bisschen unheimlich. Ich finde, Adana könnte da ruhig noch viel mehr Straßenlaternen aufstellen.
Schließlich bin ich doch noch ein winziges Stück am Flussufer entlanggegangen, weil ich wenigstens aus der Ferne die älteste noch benutzte Brücke der Welt sehen wollte, die Taşköprü (Steinbrücke), die wahrscheinlich unter Kaiser Hadrian im zweiten Jahrhundert nach Christus über den Fluss Seyhan gebaut wurde. Nachts wird sie angestrahlt und sieht auch aus der Entfernung beeindruckend aus.
Bis 2007 war die Brücke noch für den Verkehr freigegeben, nun nur noch für Fußgänger und inzwischen finden auch Feste auf ihr statt, wie Teile des jährlichen Theaterfestivals. Leider musste ich von hier aus schnell zurück zum Auto und es sowie mich zum Flughafen bringen. Übrigens – ja, ihr ahnt es schon – die Wegweiser vom Zentrum zum Flughafen sind absoluter Mist, es gibt ein Schild und dann nichts mehr. Wieder hatte ich einfach nur eine unglaublich große Menge Glück, dass ich an der richtigen Stelle herauskam und plötzlich vorm Flughafen stand, ohne es eigentlich zu wissen.
Eineinhalb Stunden reichen natürlich nicht aus, um Adana richtig kennen zu lernen, ich konnte mir nur einen ersten Eindruck verschaffen und dabei für mich feststellen, dass ich unbedingt noch einmal die Großstadt besuchen will. Ich möchte auf der Taşköprü stehen, in die Sabancı Merkez Moschee gehen, das Archäologische und das Ethnographische Museum besichtigen, die Yılankale (Schlangenburg) in der Umgebung besuchen … Da brauche ich also irgendwann mindestens noch ein Wochenende.
© Janavar
Ach Jana, da hat sich in Adana anscheinend auch in 4 (!) Jahren nichts verändert. Wir sind damals auf dem Weg zum Flughafen fast verzweifelt an diesem EINEN Wegweiser, der ins Nirgendwo führte und hätten trotz riesigem Zeitpuffer fast noch unseren Flug verpasst 🙂
Sehen wir uns nächste Woche? Ich freu mich!
Ich finde den Kontrast zwischen neuen und alten Bauten faszinierend. Besonders deutlich wird er auf dem Foto von dem gläsernen Bürohaus und der Moschee (?).