Am Donnerstag steht meine erste “Geschäftsreise” an, ich fahre mit meinen Schülern zur Model United Nations Konferenz in Kiel. Abgesehen von dem vollen Programm überlege ich trotzdem seit Wochen, was ich mir alles aus Deutschland mitbringen könnte. Am Anfang meines Istanbulaufenthaltes hatte ich ganze Listen in meinem Kopf von Dingen, die mir fehlten. Schweinefleisch, Stöpsel, Schweinewurst, deutsche Schokolade, Schweinebraten, Haarspray, Schinken, flüssige Föhnlotion, Kassler, …
Mittlerweile stelle ich aber fest, dass ich mich an Vieles gewöhnt habe. Gut, die Föhnlotion – angepriesen als fantastische Neuheit – habe ich neulich endlich in einem der Drogeriemärkte gefunden. In der Türkei produziertes Haarspray hat sich als preiswert und hochwertig herausgestellt. Aber Stöpsel brauche ich nicht wirklich und türkische Schokolade ist genauso super wie deutsche.
Ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal meine doch mal heißgeliebten Kartoffeln gegessen habe. Und so wie ich mich mit der Zeit an den Geschmack von Rind- und Schafsfleisch gewöhnt habe, ist auch mein Bedürfnis nach Schweinefleisch gesunken. Den Wurstaufschnitt hier esse ich ohnehin nicht, weil er nicht so appetitlich aussieht. Außer: die Salami aus dem Migros, die sogar in einem extra Kühlregal liegt, weil sie Schwein enthält. Schmeckt aber auch wirklich ausgezeichnet! Der Mozzarella aus demselben Regal leider nicht, der ist zu fade. Demnächst teste ich vielleicht sogar mal den dort erhältlichen Schinken und die Mortadella.
Im Carrefour in Cihangir gibt es seit etwa zwei Monaten täglich frisches Sushi zum Mitnehmen. Das schmeckt total lecker und deshalb gehe ich nun häufiger zum Carrefour, wo es außerdem deutsches Pumpernickel und Wasa-Knäckebrot gibt.
Am liebsten esse ich sowieso auswärts und habe verschiedene Essenspartner: die Person für die schickeren Restaurants, wo es auch gute Steaks gibt; die Person, mit der ich immer bei Burger King lande und wir immer zweimal das gleiche Menü nehmen (Sonderpreis); die Person für die Mittelklasserestaurants, die auch andere Gerichte als die der traditionellen türkische Küche, na sagen wir mal, versuchen. Zu Hause bin ich zu faul zum Kochen, das lohnt sich einfach nicht für eine Person. In letzter Zeit bin ich sowieso ganz versessen auf çiğ köfte, im Normalfall vegetarische, scharf gewürzte Köfte (Klopse), die roh, in ein Salatblatt gewickelt gegessen werden.
Außerdem liebe ich die für zu Hause aufkochbaren Süßspeisen. Wer schon einmal vor einem entsprechenden Regal in einem türkischen Supermarkt stand und ein großer Puddingliebhaber ist, weiß, wovon ich rede: es gibt als allererstes eine großartige Auswahl an Puddingpulvern – die typischen wie Schokolade und Erdbeere, aber auch Pistazie, Haselnuss, Schokolade-Orange … Pulver für alle traditionellen türkischen Desserts, wie Aşure (aus Bohnen, Kichererbsen, Weizen, Reis, Wasser, Rosinen und Puderzucker), Sütlaç (Milchreis) und Zerde (eine Art Pudding aus Reis und Safran).
Also, was brauche ich eigentlich noch aus Deutschland? Vielleicht gehe ich einmal einen richtig guten Döner essen, so mit viel Fleisch, viel Salat und vor allem mit viel viel Soße!
© janavar
(erstmals veröffentlicht am 3. April 2011)