Immer wenn ich denke, jetzt lässt der Stress nach, es wird ruhiger, kommt irgendetwas dazwischen. In dieser Woche hatte Canavar maßgeblichen Anteil daran. Die von euch, die mir auf Instagram folgen (@janavar_net), wissen schon, dass mein geliebtes Katerchen am Sonntagabend ohne jegliche Spur verschwand. Er ging wie immer im Haus bis in den Keller spazieren, kehrte aber nicht wie sonst nach spätestens zwei Stunden zurück. Unsere Nachbarn hatten ihn nicht gesehen, die Händler vor der Tür auch nicht. Ab Montagabend suchte ich ihn im Keller und auf den Straßen täglich etwa vier Stunden lang. Da ihn niemand gesehen hatte, wusste ich auch nicht, ob er noch im Haus oder nach draußen gelangt war. Der Keller ist ein Katzenspielplatzparadies mit tausend Verstecken, an die Menschen nicht gelangen. Ich schüttelte also die Tüte mit seinem Lieblingstrockenfutter, ich rief ihn beim Namen, ich pfiff ihn – alles Dinge, auf die er sonst sofort reagiert. Ich sah in jeden Hinterhof, in jede offene Kellerluke, unter jedes Auto. Nichts. Die Leute in meinem Stadtteil halten mich nun garantiert für total verrückt. Außerdem gibt es ja hunderte andere Katzen auf der Straße, ich könne mir einfach eine andere nehmen. Ich kenne nun zumindest alle schwarzen Katzen in der Umgebung und das sind nicht wenige.
Nur sind sie alle eines eben nicht: Canavar. Der Kater, der gerade vier Jahre alt geworden ist, den ich im August 2011 in Bodrum adoptiert und mit nach Istanbul gebracht habe, der seitdem fast jede Nacht auf meinen Füßen schläft, der fast keine anderen Menschen mag und andere Katzen überhaupt nicht, der noch nie das Haus verlassen hat, der nur ein Trockenfutter liebt und mich bei jeder anderen Sorte sehr vorwurfsvoll anguckt, der am liebsten Wasser aus dem laufenden Wasserhahn trinkt, der bei der Tierärztin fast grundsätzlich ein riesiges Theater macht und gerne vom Behandlungstisch springt und sich hinter einem Schrank versteckt, der mein Baby ist (oder zumindest stelle ich mir vor, dass man so seine eigene Kinder liebt), der immer zu mir nach Hause gekommen ist, der seit zwei Wochen auch ein Flugticket nach Boston hat.
Gestern früh ein erstes Lebenszeichen: Das Trockenfutter, das ich im Keller ausgelegt hatte, war weggefressen, die offene Büchse Thunfisch aber nicht angerührt. Das sah Canavar verdammt ähnlich, der Fisch nämlich nicht gerne mag. Andererseits gab es auf mein ewiges Rufen nicht ein winziges Rascheln. Also legte ich neues Futter hin. Heute früh wachte ich wieder sehr traurig auf bzw. schlief wie die ganze Woche schon schlecht – Kater weg ist wie Liebeskummer – auch heute Nacht war mein Kleiner nicht nach Hause gekommen. Dabei ließ ich jede Nacht die Wohnungstür (wir wohnen ganz oben) offen.
Eine halbe Stunde später, als ich noch faul im Bett herumlag, ertönte plötzlich neben mir ein lautes Miauen. Monsieur persönlich stand vor mir, als wäre nie etwas geschehen. Er hat seine Frühjahrsdiät hinter sich, sein Fell war dreckig, aber sonst ist er ganz gesund und normal. Er sah so aus, als hätte er die Tage tatsächlich in einer Kellerecke verbracht. Schnell habe ich die Tür geschlossen und den hungrigen Canavar gefüttert. Anschließend wollte er sich putzen, was aber nur dazu geführt hat, dass er vor lauter Dreck auf meine Bettdecke gekotzt hat. Dafür durfte ich ihn dann mit Wasser waschen. Jetzt schläft er den Schlaf der Gerechten. Ich bin absolut glücklich, zumal ich das Schlimmste befürchtet hatte. Nun steht er allerdings unter Stubenarrest.
Every time I hope there’ll be less stress, something comes up. This week it was Canavar’s fault. Those of you following me on Instagram (@janavar_net) already know that my beloved cat disappeared without a trace Sunday night. He took a walk to the basement like he always did, but didn’t return. Our neighbors hadn’t seen him, the merchants in front of the house neither. From Monday evening on I was looking for him in the basement and on the streets for about fours hours daily. Since nobody had seen him, I didn’t know if he was still in the basement or had managed to get outside. The basement is a cat’s paradise with thousands of hideouts humans cannot reach. I shook a bag with his favorite dry food, I called him by his name, I whistled for him – all sounds he usually responds to at once. I looked into every backyard, into every open hatch, under every car. Nothing. The people in my district must now think I’m totally crazy. Besides, there are a hundred other black cats on the streets, I could have just taken any other. At least I now know all the black cats closeby, and that’s a lot.
But none of them is this one: Canavar. The cat who only had his fourth birthday recently, who I adopted in Bodrum in August 2011 and took with me to Istanbul, who ever since has slept on my legs nearly every night, who doesn’t like many other humans and other cats not at all, who had never left the house, who only loves one kind of dry food and looks at me disapprovingly when I try to serve a different one, who loves to drink water from the running tap, who almost always puts up a huge fuss at the vet and jumps off the table and hides behind a shelf, who is my baby (or at least I imagine that this is how one loves one’s own child), who always returned to me, who has had his flight ticket to Boston for two weeks.
Yesterday morning a first sign of life. The dry food I had put in the basement was gone, but the open can of tuna not touched at all. That looked a lot like Canavar, who doesn’t like fish that much. On the other hand, I called for him for a long time, but there wasn’t even the slightest rustling. So I put more food there. This morning I woke up very sad because Canavar hadn’t come home. Actually I hadn’t slept well all week long – a cat gone is like being lovesick. And I even left the apartment door open every night (we live on the top floor).
Half an hour later when I was still lying in bed, I suddenly heard a loud meow next to me. Monsieur himself was standing in front of me as if nothing had ever happened. He has already had his spring diet, his fur was dirty, but otherwise he is healthy and normal. He looked like he had really spent all those days in a corner in the basement. I quickly closed the door and fed my hungry cat. Afterwards he wanted to clean himself, but being so dirty he puked on my bed. Then I was allowed to clean him with water. Right now he is sleeping the sleep of the just. I am so very happy because I had already dreaded the worst. By the way, he is now grounded.
© Janavar
Oh, Gott! Was für eine dramatische Geschichte! Nicht auszudenken, wenn er nicht wieder aufgetaucht wäre!!! Ich kann Deine Besorgnis, Angst und Trauer in den vergangenen Tagen gut nachfühlen. Mir geht es genauso, wenn Gina mal für längere Zeit über die Terrasse verschwindet.
Den Stubenarrest hat er sich verdient!
Er ist ja eine absolute Wohnungskatze, daher hat er sonst keine Gelegenheit zu verschwinden. Diese Woche ohne ihn war ganz furchtbar, aber dafür war der heutige Tag mit dem Wiedersehen umso schöner 🙂