Gelesen: “Braune Erde” von Daniel Höra

Daniel Höra: “Braune Erde”
2012
256 Seiten, 5,90 €

Das sagt der Klappentext:

“Erschreckend authentisch und aktuell: Daniel Höras Roman über Rechtsradikale, die ein Dorf in der ostdeutschen Provinz schleichend unter ihre Kontrolle bringen.

Der 15-jährige Ben wohnt bei seiner Tante und seinem Onkel in einem Dorf in Mecklenburg: dreiundsechzig Einwohner, achtzehn leer stehende Häuser und ganz viel Langeweile. Dann kommt plötzlich Leben ins Dorf: Zwei Familien ziehen ins alte Gutshaus und richten es her. Sie betreiben ökologische Landwirtschaft, etablieren einen neuen Gemeinschaftssinn und nehmen Ben herzlich bei sich auf. Reinhold, der Anführer der Neuen, nimmt sich viel Zeit für Gespräche über den kritischen Zustand des Landes, die hübsche Freya erwidert Bens Interesse und die Zwillinge Konrad und Gunter darf Ben zu konspirativen Treffen und Schießübungen begleiten. Doch was anfangs nach spannenden Spielchen aussieht, entpuppt sich nach und nach als hochgradig explosiv und zielgerichtet. Zu spät erkennt Ben, dass jeder, der sich dem ‘nationalen’ Gemeinschaftsgefühl in den Weg stellt, um sein Leben bangen muss …”

Eigentlich habe ich das Buch gelesen, um es eventuell zur Schülerlektüre vorzuschlagen, aber das Buch hat mich auch selbst vollkommen gefesselt. “Braune Erde” gehört zu der Sorte Bücher, die man erst weglegen kann, wenn man sie bis zum Ende gelesen hat. Die Spannung beginnt schon auf der ersten Seite, wenn man sich mit dem Ich-Erzähler Ben sofort auf einer Jagd befindet. Gejagt wird er und er flüchtet sehr schnell.

Danach erst entrollt sich die ganze Geschichte, wie die Neuen ins Dorf ziehen und behaupten, sie würden traditionell leben wollen und dass die moderne Welt die Gemeinschaft zerstöre. Ben, der sich bei seinen Verwandten nicht völlig wohlfühlt, schließt sich den Neuen gerne an, schon alleine weil es so viel Abwechslung bietet. Mit der Zeit verändert sich das Verhalten der Neuen ihm gegenüber, was er selbst nicht so stark merkt wie der Leser. In dem Buch werden Neonazi-Strategien offenbart, die sehr glaubhaft herüberkommen und wohl auch so funktionieren. Zwischendurch erfährt man immer mehr über Bens Flucht und vor allem über seine Gründe dafür – in seinem Wunsch dazuzugehören überschreitet er selbst Grenzen und wird mit der Zeit brutal.

Mich hat das Buch nicht nur wegen Bens Geschichte berührt, sondern auch weil es auf einem aussterbenden Dorf in Mecklenburg spielt – also da, woher ich komme. Auf mich wirkt das ganze Setting perfekt gewählt, weil ich einige Geschichten kenne. U.a. habe ich leider auch einen Cousin, der ganz offen Neonazi ist (und mit ihm sämtliche seiner Freunde deutlich auf Facebook) – und die Strategien, neue Leute zu rekrutieren, scheint vergleichbar. Gerade in diesem Bundesland, in dem es so einen geringen Ausländeranteil gibt, ist es scheinbar besonders einfach, den Leuten eine Angst gegen Fremde einzuimpfen – was ich sehr traurig finde.

Insgesamt kann ich euch das Buch unbedingt empfehlen, weil es an keiner Stelle belehrend wirkt, sondern wirklich Spannung aufbaut, sie hält und gleichzeitig dieses schwierige Thema erst einmal aus mehreren Perspektiven betrachtet, bevor es zu einem (für mich richtigen) Schluss kommt.

© janavar

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2 thoughts on “Gelesen: “Braune Erde” von Daniel Höra”

  1. Toller Tipp! Das ist sicherlich ein interessantes Buch, wenngleich ich auch immer traurig bin, dass sich diese Ideen gerade in unseren sowoh. spärlich mit Deutschen als auch mit Emigranten besiedelten Bundesländern so verbreiten. 🙁

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