Nachdem ich nach meiner unangenehmen Fährfahrt (mehr dazu hier) endlich in Kadiköy eingetroffen war, traf ich meine Freunde und schon ging es weiter im Dolmuş, einem Sammeltaxi, bis in das Viertel Göztepe. Dort spazierten wir am Wasser entlang, das 1. schon zum Marmarameer gehört und 2. sogar einen richtigen Strandabschnitt hat. Dort zu wohnen kostet natürlich auch eine Kleinigkeit mehr: die Apartments mit Meerblick starten wohl ab etwa einer Million Dollar. Noch ein Grund, warum ich leider nicht in Asien wohnen kann, zumindest nicht in diesem sehr sehr sehr schönen Teil.
Über uns kreischten die Möwen und um uns herum rasten wilde Hunde, die Streicheleinheiten forderten. Auf den Wiesen hinter der Kaimauer saßen Familien und Cliquen. Die Aktiven joggten auf den Wegen dazwischen oder benutzten die Sportgeräte auf den Spielplätzen – richtig gelesen: auf einigen Spielplätzen in Istanbul sind Fitnessgeräte wie Fahrräder, Laufbänder und Gymnastikstangen für alle frei zugänglich aufgebaut. Ich als Grobmotoriker würde mich da natürlich nicht präsentieren, aber bei den zu beobachtenden Sportlern sahen die Übungen recht elegant aus.
Über dem Meer ging die Sonne unter. Leider war es ein wenig zu dunstig, um die Prinzeninseln in der Ferne zu erkennen. Entspannt setzten wir uns in eines der kleinen Cafés am Strand und lauschten bei einem Gläschen Çay oder einem Becher Ayran dem sanften Gurgeln der Wellen. Bei Preisen von 50 Koruş (knapp 30 Cent) für Tee kann ich mir gut vorstellen, dort ganze Tage mit einem interessanten Buch zu verbringen.
Anschließend liefen wir einmal die Bağdat Caddesi auf und ab, wo es unter anderem auch einen vierstöckigen Zara gibt und einige teurere Labels wie Louis Vuitton und DKNY.
Auf dem Rückweg wurden wir von Polizisten auf die andere Straßenseite verwiesen, die einen ganzen Abschnitt absperrten, weil ein verdächtiges Päckchen dort gefunden worden sei. So fanden wir uns schließlich hungrig in einer Nebenstraße wieder, wo sich ein nettes Restaurant ans nächste reiht. Interessanterweise stehen dort nicht wie im europäischen Touristenteil Kellner vor der Tür, um Gäste totzuquatschen, äh abzufangen.
Überhaupt empfand ich diesen asiatischen Teil als viel europäischer als mein Wohngebiet. Dort laufen die Menschen zum Beispiel mit der neuesten Mode gekleidet herum. Das sieht auch nicht immer gut, aber immerhin modern aus – wer Killerhighheels zu taillenhohen Samtshorts trägt, sollte halt nicht bei jedem Schritt umstaksen. Frauen mit Kopftüchern sind mir gar nicht aufgefallen. Außerdem sieht die Bağdat Caddesi wie ein Boulevard in Deutschland aus. An den Seiten stehen riesige Laubbäume und sowohl der Bürgersteig als auch die Fahrspuren sind sehr breit angelegt, was dem Flanieren trotz großer Menschenmassen mehr Flair verleiht. Und dabei kann man sogar noch die vorbeifahrenden schönen Autos und Motorräder angucken.
Von Straßenhändlern und Bettlern wird man auch nicht ständig aufgehalten. Überhaupt war es auf der asiatischen Seite viel grüner als auf der europäischen.
Mit zwei der Mädels habe ich gleich eine Shoppingtour für eines der nächsten Wochenenden geplant. Der Zara-Store will erobert werden!
Zurück nach Europa fuhr ich übrigens mit einem Dolmuş: das ist günstig, schnell und vor allem benutzt es die Bosporusbrücke und nicht den Wasserweg.
© janavar
(erstmals veröffentlicht am 20. November 2010)