Manchmal ist das Schöne so nah und man findet es doch erst, wenn man erst dreieinhalb Jahre in der Stadt wohnt. Gemeinsam mit einer Freundin hatte ich mir neulich vorgenommen, einmal ganz neue Seiten von Istanbul zu entdecken. Deshalb sind wir an einem Sonntag früh mit dem Bus nach Küçükçekmece gefahren. Früher gab es dorthin einmal meine geliebte Banliyö (die Vorortbahn), aber dank der Regierung sind die Schienen nun abmontiert und warten seit einem Jahr auf eine angebliche Erneuerung. Der Bus (ab Eminönü den BN2) ist aber auch in Ordnung, wenn nicht zu viel Verkehr herrscht.
Na jedenfalls sind wir an der Endhaltestelle ausgestiegen, um eine Ecke gelaufen und waren sofort am wunderschönen Küçükçekmece-See, der in der Sonne glitzerte und auf dem Massen von Wasservögeln schwammen. Das Ufer ist hier befestigt, von vielen Cafés gesäumt und man kann einen langen Spaziergang machen.
Außerdem ist die Promenade hier viel leerer als die anderen in Istanbul an anderen Gewässern. Tatsächlich laufen hier sogar Jogger und es gibt immer noch genug Platz für alle. An den öffentlichen Sportgeräten hängen andere und ächzen, wenn sie vor Publikum Klimmzüge machen. Nur die Vögel stören sich an nichts und niemandem. Sie sind die einzigen auf dem See und genießen ihn.
Um den See herum gibt es sogar noch einige freie Flächen, etwas was man in Istanbul selten sieht. Wahrscheinlich sind sie Militärgebiet, aber das konnten wir aus der Ferne nicht erkennen. Besser erkennen kann man die vielen modernen Hochhäuser, die überall in Massen wachsen. Da wirkte der Stadtteil Küçükçekmece im Vergleich richtig normal.
Natürlich waren wir neugierig und sind auch ein Stück in das Viertel hinein gelaufen. Es ist wirklich ein ganz ganz normales, gar nicht so chaotisch wie im Istanbuler Zentrum, sondern eher wie in einer durchschnittlichen türkischen Stadt. Wir sind als Ausländerinnen allerdings dadurch auch mehr aufgefallen, was aber mit Neugierde wahrgenommen wurde. Uns ist einzig negativ aufgefallen, dass es dort sehr viele Bettler gab, besonders kleinere Kinder, die die Passanten auch häufig angefasst haben. Das kennen wir von unseren Vierteln nicht.
Dafür kennen wir aber auch nicht so einen schönen See! Ein Ausflug lohnt sich wirklich wegen dem wunderschönen See, der viel größer ist, als er auf Stadtplänen aussieht. Wir wollen ihn auf jeden Fall wieder besuchen, am liebsten im Frühling. Denn dann werden die Bäume Blätter haben und vielleicht müssen die Vögel einigen Tretbooten, die wir am Ufer liegen sahen, ausweichen.
Da wir wirklich viel Zeit an dem Sonntag hatten und es so ein wundervolles Wetter war – mit gefühlten 20 °C in der Sonne, sind wir anschließend an einen noch größeren See gefahren. Den zeige ich euch am nächsten Dienstag.
© janavar