Da gebe ich hier groß meine Bloggingpläne bekannt und dann hatte ich gestern keine Zeit mehr für den ersten Post meiner Türkischen Woche :-(. Denn als wir gestern früh mit dem zweiten Bus in Yalova ankamen, war unsere Wunschfähre natürlich ausgebucht, so dass wir eine andere zu einem anderen Anleger nehmen mussten. Kartal liegt aber ganz im Osten Istanbuls, weshalb es ewig gedauert hat, bis wir zu Hause waren, wo aber noch dringendere Arbeit als mein Blog auf mich wartete. Und damit bin ich auch schon beim ersten Punkt, warum ich die Türkei liebe (die Gründe haben keine bestimmte Reihenfolge):
1. Es wird nie langweilig.
Irgendetwas passiert immer in der Türkei, nach Plan verläuft selten etwas. Das bezieht sich auf das private wie auf das öffentliche Leben. Ich habe definitiv gelernt, spontan zu sein. Wenn die Menschen doch einmal versagen, sorgt immer noch die Natur für Abwechslung, z.B. mit viel längeren Sommern als normal oder mit kleinen Erdbeben.
2. Die Süßigkeiten
Oh, ich liebe sämtliche süße Speisen, egal ob Milchdesserts, Kompott oder Kuchen. Die Türken können alles davon. Fantastische Torten mit Obstfüllung und gleichzeitig fluffigem Schokoladenteig und viel Sahne. In Sirup eingelegtes Obst wie Feigen, Quitten oder Aprikosen. Alle Sorten Pudding. Meine liebsten Nachspeisen sind Tavuk Göğsü, das vor allem aus Milchreis und Hühnchenbrust besteht – klingt erstmal wenig ansprechend, ist aber total lecker! – und Künefe, ein Nachtisch aus ganz dünnen Nudeln, Schafskäse und viel Sirup, das im Ofen gebacken wird. Viele Türken behaupten, Fremde könnten das hohe Maß an Süße nicht vertragen – ich beweise ihnen permanent das Gegenteil!
3. Das Wetter
Der Frühling und der Herbst sind mild, die Sommer heiß und trocken und der Winter zum Glück kurz – wenn auch nicht schmerzlos, weil Istanbul das Schwarzmeerklima genießt. Generell kann aber jeder das passende Wetter für seinen Geschmack finden: im Sommer ist es am Schwarzen Meer angenehm kühl wegen dem stetigen Wind, an der Ägäis und am Mittelmeer ist es fast das ganze Jahr warm bis heiß. Richtung Osten wird es eher kalt und die Winter länger und schneereicher. Was auch mit dem nächsten Punkt zu tun hat:
4. Die Landschaft
Die Türkei grenzt an das Schwarze, das Marmara- und das Mittelmeer. Gleichzeitig gibt es viele hohe Gebirge, einige sogar direkt am Meer, z.B. das Taurus- und das Uludağ-Gebirge. Nicht zu vergessen ist der hohe Ararat im Osten. In der Mitte des Landes gibt es aber auch schöne große Wälder, die unter Naturschutz stehen, und Gebiete mit vielen kleineren Seen. Oder man kann durch riesige Olivenhaine streifen oder oder oder …
5. Die Geschichte
Das Land liegt auf einem Territorium, das voll mit historischen Zeugnissen der letzten ca. 14.000 Jahre ist. Immer wieder werden noch ältere Siedlungen aus der Jungsteinzeit gefunden. Ansonsten gibt es viele Stätten der alten Griechen, der Byzantiner, der Osmanen … Am bekanntesten sind wohl die Istanbuler Sehenswürdigkeiten Ayasofya und Blaue Moschee, aber auch zwei der alten Weltwunder liegen in der Türkei, nämlich der Tempel der Artemis in Ephesos und das Mausoleum des Halikarnassos in Bodrum.
6. Der Republiksgründer
Aka Mustafa Kemal Atatürk. Der Mann hat nicht nur den heutigen Staat Türkei gegründet, ihn der westlichen Weltordnung weitesgehend angepasst, die Kultur säkularisiert und sogar die türkische Sprache reformiert. Nein, er sah auch noch verdammt gut aus. Finde ich wenigstens (*^-^*).
7. Die Toleranz
Die klappt leider nicht immer, aber in einem Land, wo Säkularisten einerseits und strenggläubige Muslime andererseits zusammenleben, wird von jedem ein hohes Maß an Toleranz gefordert. Schließlich gibt es Familien oder Freundeskreise, wo beide Gruppen vorhanden sind.
8. Die Schönheit
Ich bin unglaublich neidisch, dass fast alle Türkinnen so wunderschönes dickes Haar haben. Und einen dunkleren Teint. Und ihre kräftigen, aber eleganten Augenbrauen, die irgendwie nie verzupft sind. Überhaupt legen die Türken viel Wert auf Schönheitspflege. Überall kann man günstige Maniküren und Pediküren bekommen oder sich vom Friseur einfach nur die Haare waschen und föhnen oder sich die Augenbrauen vernünftig wachsen lassen. Im Winter warten warme Hamams mit kräftigem Peeling und Massage für eine strahlende Haut. Für Männer gibt es natürlich auch nette Angebote wie Nasen- und Ohrhaare wachsen oder sich beim Barbier rasieren lassen.
9. Die Aufmerksamkeit
Ich kenne kein Land, in dem ich so viel direktes Feedback auf mein Aussehen bekomme wie hier. Sehe ich gut aus, wird das von den Männern sofort honoriert. Habe ich einen schlechten Tag, werde ich von der Welt hier ignoriert. Spannend ist auch, dass die Türken grundsätzlich versuchen, mich einer Nationalität zuzuordnen. Das klappt oft nicht: beim Friseur und auf dem Gewürzbasar halten sie mich für Französisch, in Discos und auf dem Bahnhof für Osteuropäisch (irgendetwas zwischen Bulgarisch und Russisch) und neulich haben sie mich in den kleinen Gassen hinter dem Basar zum ersten Mal nicht mit “Lady, lady, lady” angesprochen, sondern mit einem höflichen türkischen “Buyrun?” (“Bitte?”).
Links: Definitiv immer auffällig: Atatürk und die türkische Flagge.//Rechts: Ja, ich kann auch sehr auffällig aussehen – hier in der Blauen Moschee.
10. Shopping
Ein auf keinen Fall zu vernachlässigender Grund. Zu Beginn kannte ich von Deutschland nur Mavi, in Istanbul den Großen Basar und den Gewürzbasar, dann lernte ich die türkischen günstigen Modeketten, z.B. LC Waikiki, kennen und im letzten halben Jahr auch die vielen wirklich billigen kleinen Geschäfte, die es überall gibt und die oft echt schöne Sachen haben. Ich musste mich nur erst trauen, dort hinein zu gehen und zu akzeptieren, dass immer mindestens ein/e Verkäufer/in mir direkt im Rücken steht. Dafür bekomme ich in diesen Läden auch hübsche Ballerinas für 10 oder 15 Lira. Am besten kenne ich die Geschäfte in Bakirköy, hier in den Seitenstraßen der Istanbul Caddesi, und die rund um die Osmanbey Metrostation.
Es gibt natürlich noch viel mehr Gründe, warum die Türkei ein sehr liebenswertes Land ist (die Innovation, die Hilfsbereitschaft der Türken, das starke Zusammengehörigkeitsgefühl der Türken, die vielen wohlgenährten Straßenkatzen …) genau wie es auch einige Kritikpunkte gibt (die allmähliche Religiösierung, die Zensur von Presse und Meinung, die nicht vorhandene Gleichheit der Geschlechter, das Schulsystem …). Aber insgesamt lebe ich sehr gern in diesem Land und vor allem in dessen größter Stadt, der viertgrößten Stadt der Welt, der einzigen Stadt auf zwei Kontinenten und einer Stadt, die vielen verschiedenen Kulturen gehört.
© janavar
ah schoen zu lesen, wenn ich mal wieder istanbul depri habe 🙂
Ach ja, die Istanbuuldepri kenne ich auch, aber zum Glück gibt es ja viel Positives 🙂
Ein sehr schöner und interessanter Blog! Ich weiß fast gar nichts über die Türkei – vielen Dank für die vielen Infos!
Danke 🙂 und ich freue mich, dass es dir gefällt und du noch was Neues lernen kannst 🙂