Angekommen in Warschau

Ihr Lieben,

Ich sitze im Starbucks in Warschau, mit einer großen Tasse heißem Kaffee vor mir, meinem Tab und meiner Mini-Bluetoothtastatur auf den Beinen, draußen schneit es und ich bin wieder einmal schwer verliebt. Niemand hat mir gesagt, dass Warschau schön ist. Krakau ja, von Krakau haben alle gehört, dass es schön sei soll. Aber Warschau? Die Hauptstadt ist angeblich grau und noch immer von den hässlichen Seiten des seit fast 25 Jahren vergangenen Sozialismus gepägt. Aber als ich gestern am Hauptbahnhof, dem Warszawa Centralna, ankam, habe ich gleich die hübscheste Sozialismusseite überhaupt gesehen: den Kulturpalast, den die Russen um 1950 der Stadt schenkten. Zum Glück habe ich genau das richtige Hotel gebucht, denn von meinem Zimmer aus habe ich den perfekten Blick auf den großen Palast, der eines der höchsten Gebäude des Landes ist. (Ich poste auch fleißig Fotos auf Instagram, weil es hier zu meinem Glück überall – außer in meinem Hotel – kostenloses Wifi gibt. Mein Instagram-Name ist ¨janavar_net¨ – folgt mir, wenn ihr schon viele Reisebilder sehen möchtet!)

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Auch das andere bisschen Warschau, das ich bisher gesehen habe, ist schön. Überall gibt es diese großen, renovierten Altbauten, zwischendrin ganz moderne Hochhäuser (die mich in ihren bewusst ausgefallenen Formen an die in Istanbul erinnern), natürlich auch noch ein paar schäbige Häuser, aber die fallen in der Schönheit der Stadt gar nicht weiter auf. Und dass, obwohl es richtig eiskalt ist und ich bei minus 14 Grad nicht besonders lange draußen bleiben kann. Ich bin natürlich dick eingepackt und friere auch anfangs fast nicht, außer im Gesicht und zwar an dem kleinen Bereich um die Augen, weil ich meinen Schal schon über die Nase ziehe und meine Mütze weit in die Stirn. Nach spätestens zehn bis fünfzehn Minuten draußen ist dann aber mein ganzes Ich kalt. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so eine Kälte erlebt habe – und garantiert noch nie freiwillig.

Aber im Moment ist die Kälte genau richtig, weil ich an ihr merke, wie ich lebe, wenn die eisige, aber saubere Luft in meinen Lungen strömt und ich sie deutlich spüre. Wenn die Kälte im ersten Moment mein Gehirn lähmt und ihm einen winzigen Schmerz verpasst, der sich aber sofort in positive Energie umwandelt. Weil ich durch die wunderschöne Stadt laufe, die ich nicht kenne, mich aber sofort wohl fühle. Weil ich glücklich bin mit meiner Entscheidung, in diesen Winterferien Polen zu entdecken. Weil alle mich hier für eine Polin oder Russin halten und überrascht sind, dass ich es nicht bin. Weil das hier positiv ist im Gegensatz zu Istanbul, wo mich auch alle dafür halten, aber negative Dinge mit Osteuropäerinnen assoziieren. Weil ich denke, dass keiner der berühmten polnischen Diebe, vor denen mich alle gewarnt haben, mich auch nur ins Auge fasst, wenn ich so einheimisch wirke. Weil ich wieder merke, wie gut mein Leben ist, wenn ich es nur nutze und aktiv bin.

Angekommen in WarschauAngekommen in Warschau

Heute bin ich übrigens als allererstes auf die Aussichtsplattform des Kulturpalastes hochgefahren, dann in die Altstadt gelaufen, habe mich dann doch dagegen entschieden, umgerechnet fast 20 Euro Eintritt in das Schloss zu bezahlen, wenn es jeden Sonntag freien Eintritt gibt, und bin stattdessen noch in das frisch eröffnete Museum der Geschichte der Polnischen Juden gegangen. Ich habe ein Zugticket nach Krakau gekauft, ein bisschen Kaffee getrunken, Piroggen gegessen und wegen der Kälte ein paar Geschäfte besichtigt, aber nichts gekauft. Nachher werde ich heiß baden – schließlich habe ich ein Hotelzimmer mit einer großen Badewanne -, einen schon gekauften Cocktail aus der Dose schlürfen, das Dschungelcamp gucken und dann lange schlafen.

Morgen fahre ich dann nach Krakau und ich frage mich schon die ganze Zeit, wie schön diese Stadt erst sein muss, wenn niemand es für nötig hält, die Schönheit Warschaus überhaupt zu erwähnen?!

©janavar

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3 thoughts on “Angekommen in Warschau”

  1. Die Bilder sehen wunderbar aus 🙂
    Ich habe vor ein paar Jahren eine Tour durch den Norden Polens gemacht und will seitdem noch eine Südreise machen. Ich hätte nie gedacht, dass es in Polen so wunderschön ist. Ich hoffe du teilst noch mehr Eindrücke von deiner Reise mit uns. Und dir eine wunderbare Zeit!

  2. Ich finde die kommunistische Architektur wegen ihrer Imposanz auch sehr sehenswert. Nur in den Ländern selbst schätzt man sie nicht so sehr, weil zu viele schlechte Erinnerungen mit der Zeit verbunden sind. Vielleicht fnden manche Warschau deshalb nicht so schön. Krakau erinnert an das alte Polen … als Krakau noch Sitz von Königen war und Genies wie Kopernikus dort studierten. 🙂

    1. Warschau war aber auch mal Königsstadt. Und auch in Krakau gibt es viel sozialistische Bauten. Da sehen sie meiner Meinung nach sogar oft hässlicher aus, weil sie noch nicht renoviert/restauriert wurden.
      Aber wahrscheinlich hast du Recht, dass die Leute eher mit der Zeit etwas Negatives verbinden. Das wird sich ja dann sicherlich mit den Jahren ändern.

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