Bursa. Oder: Die Jagd nach der heiligen Postkarte

Bursa. Eine Zweimillionenstadt. Viertgrößte Stadt der Türkei. 90 km südlich von Istanbul. Am Fuße des Uludağ-Gebirges. 20 km vom Marmarameer entfernt. Heiße Thermalquellen im Stadtteil Çekirge.

Mehr mussten wir nicht wissen, als wir unseren Winterferientrip planten und zwei Tage in Bursa zu verbringen gedachten. Wir drei Mädels sahen uns entspannt in den heißen Quellen liegen und vielleicht ein wenig shoppen. Zwischen uns und unserer Vorstellung lag aber zunächst der ewig lange Weg vom Busbahnhof, der zwar neu, aber weit außerhalb der Stadt gebaut war, bis nach Çekirge, wo wir erst einmal die Preise in mehreren Hotels abfragten, bis wir uns für eines entschieden. Denn im Winter gibt es viele Preisnachlässe, so dass Vorbuchen sich einfach nicht lohnt. Wir entschieden uns für ein süßes 3-Sterne-Hotel, in dem die Dusche dauerhaft heißes Wasser spendete und jede von uns ein gemütliches eigenes Bett hatte. Nur auf die eingetretenen Chipsreste im Teppich versuchten wir so wenig wie möglich zu achten. Dann lernten wir, dass unser Konzept von Thermalquellen ein etwas anderes war: Hier handelte es sich nicht um einen rund um die Uhr zur Verfügung stehendes Schwimmbad, sondern um eine Art große Badewanne in einem mit Marmor ausgekleideten Dampfraum. Jedes Zimmer hatte das Anrecht, das Bad jeweils morgens und abends nach Anmeldung für eine halbe Stunde zu nutzen.

So entschieden wir uns, erst einmal die Stadt zu erkunden und fanden uns als erstes in einer Konditorei wieder, um kandierte Maronen zu essen, für die Bursa berühmt ist. Dann erkundeten wir den Basar, auf dem – im Gegensatz zu dem in Istanbul – nur praktische Haushaltsgegenstände angeboten werden. Abgesehen vielleicht von dem besonders kitschigen Goldschmuck. Nach unseren guten Souvenirerfahrungen in Iznik erwarteten wir eigentlich eine kleine goldene Esskastanie in Schmuckform zu finden und wurden schwer enttäuscht. Es gab sie einfach nicht. Und so trösteten wir uns mit weiterem Essen, diesmal Fisch mit Rakı. Anschließend fuhren wir zurück in unser kleines Hotel und planschten freudig in der heißen Badewanne, während wir dreistimmig sangen, was mit Echo durch die Marmorwände ganz fantastisch klang und vor allem kleine Melodiefehler elegant ausblendete. Allerdings hatten wir uns nach nicht einmal einer halben Stunde so müde gebadet, dass wir auch die halbe-Stunde-Grenze verstanden.

Umso munterer stiefelten wir mit großen Plänen am nächsten Morgen los: Wir wollten das berühmte Dorf Cumalıkızık zu besuchen; Karyoka probieren (Esskastanienmus in Schokoladenhülle); einen kleinen Krokodilmagneten vom Bursaspor, dem türkischen Fußballmeister 2010, finden; und ich wollte genau eine Postkarte schreiben. Zunächst fuhren wir mit dem öffentlichen Bus in das laut Reiseführer idyllische Dörfchen und betrachteten die schönen alten Häuser, die uns allesamt an ein gut erhaltenes Mittelalterdorf in Deutschland erinnerten, aber angeblich echt osmanisch waren. Der Spaziergang im Sonnenschein und mit Blick auf schneebedeckte Berge war sehr entspannend, was auch gut war vor unserer Rückfahrt. Denn die wurde eine wahre Odyssee mit mehreren Minibussen, von deren Fahrern uns keiner richtig erklären konnte, wie wir wieder ins Stadtzentrum Bursas zurückgelangen würden. Immerhin fanden wir schließlich ein nettes Café mit köstlichem Karyoka (und ich würde gerade jetzt eine Menge für ein Portiönchen geben) und nach einigem Herumwandern auch den Weg zurück ins Zentrum. Was wir allerdings nicht fanden, waren der Magnet oder überhaupt ein Souvenirladen vom Bursaspor und erst recht keine Postkarte. Nun hatte ich mir aber in den Kopf gesetzt, genau diese eine Karte zu schreiben. Eine einzige. Ich hatte mir extra die Adresse per SMS erbeten. Auf Türkisch! Allein dieser Aufwand machte es lebensnotwendig, die Karte auch zu schicken. Nur gab es keine. Mit einer unglaublichen Geduld begaben sich die Mädels mit mir auf die Suche. Systematisch durchkämmten wir die Gegend um den Basar herum, wo es eigentlich alles gab, von günstigen Kinderbüchern bis zu riesigen Teppichen. Aber keine Postkarte. Nach etwa zwei Stunden entwickelte sich meine Panik in größeren Ausmaßen, weil die Post um sechs schließen würde – in der Türkei gibt es keine Briefkästen, man kann Briefe nur persönlich in Poststellen aufgeben. Wir fanden Papeterien, aber keine … Nach weiterem Herumirren erblickte ich im Schaufenster eines abseitsgelegenen Lädchens stapelweise Postkarten und zog die anderen zwei mit mir. Um festzustellen dass es sich um einen Großhändler handelte. Das bedeutete, dass ich direkt ein Hunderterpack nehmen musste, was ich aber freudestrahlend tat, um dann zum Hauptpostamt zu eilen, wo ich großzügig die vorhandenen Karten teilte und meine selbst schrieb. Die türkische Post benötigte übrigens eine Woche, um die Karte die 90 km von Bursa nach Istanbul zu bringen, aber immerhin kam sie an.

Aber eine Woche später waren wir längst zurück in Istanbul, denn am nächsten Tag hatten wir die Schnellfähre von Bursa nach Istanbul genommen und abgesehen von einem kleinen Zwischenfall, als die bewegte See auf meinen flauen Magen traf und ich ein Wiedersehen mit meinem Frühstück feierte, war unsere Reise ganz fantastisch verlaufen und ich freue mich schon jetzt auf unsere nächsten Entdeckungstrips.

© janavar

(erstmals veröffentlicht am 28. Februar 2011)

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